ich freue mich sehr, dass du dir die zeit nimmst, meinen blog zu besuchen. kritisches und lobendes, anregungen, ergänzungen und diskussionen sind willkommen!

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Montag, 22. August 2011

charlotte roche: schossgebete

es liegt mir fern, hier über das neue buch von charlotte roche zu schreiben. inhaltlich, meine ich. 
nicht, weil ich beim schreiben rot würde. viel mehr, weil schon gefühlte 43'799 menschen über dieses buch geschrieben haben und keine zeitung, keine zeitschrift, keine literatursendung, die mir zufällig oder unzufällig vor die augen getreten sind, "schossgebete" unbeachtet liessen. 
charlotte roche im interview, charlotte roche auf titelseiten, überall charlotte roche. 


es war eine wohltat, dass sich michèle roten im "das magazin" nicht auch noch in einer kritik oder in einem interview versucht hat. ihre gedanken zum buch hat sie stattdessen in form von vielsagenden notizen veröffentlicht.
das war wirklich spannender, als all die anstrengenden artikeln von literaturkritikern mit ihren (immergleichen) fragen: ist das (pop-)literatur? ist es pure selbstdarstellung? kann die frau was? darf man das? 


pah! wenn man so viele bücher verkauft und das zweite buch so hohe wellen wirft wie "schossgebete", dann kann man sicher schon mal was. sich verkaufen, tabuisierte themen genüsslich breittreten, über sex schreiben, provozieren.
in meinen augen hat sie noch ganz viele andere kunstvolle eigenschaften und fähigkeiten. zum beispiel eine präzise sprache, die nicht langweilig wird. eine ausgeprägte reflexionsfähigkeit. die gabe, gefühle so zu umschreiben, dass sie bei lesen spürbar werden. 


um es in michèle rotens worten zu sagen: 

  • "es ist ein qualitätsmerkmal eines buches, wenn man ständig an leute denken muss, denen man es schenken möchte. ist bei dem sehr so."
  • "an solchen stellen zeigt sich, was roche wirklich kann: so zu schreiben, dass es schamlos ehrlich wirkt. jetzt klar: das ist ein buch, das man gut findet, weil man so oft etwas liest, was man selber denkt. oder nicht zu denken wagt, aber würde, könnte man."
  • "können eigentlich auch menschen gute bücher schreiben, die ein normales leben haben, ohne grosse tragödien?"
(der ganze artikel von michèle roten erschien am 20. august 2011 in "das magazin", der beilage vom "tagesanzeiger" und "der bund")

für mich steht fest: ich werde auch ein drittes roche-buch lesen. falls sie noch was zu sagen hat.


Donnerstag, 11. August 2011

mercedes

heute abend, rückkehr aus dem marzili mit M und dem boppi. 


das boppi hinten auf meinem velo, plappernd. in der sulgenau steht die ampel auf rot. mein rechter fuss stützt sich auf den rand des trottoirs, ich schaue mich etwas um. viel lärm - die strasse ist gefüllt mit menschen auf füssen und an lenkrädern, ein tram quietscht. 
seitlich links, dicht neben-hinter mir ist ein starker bass zu hören, untermalt mit nicht definierbar tönendem. es klingt nach samstagnacht. das boppi bewegt sich im sitz, ich spüre es deutlich. ich drehe mich um und sehe ein strahlendes, glotzendes kindergesicht und gleich daneben ein winkendes händchen. 


mein kind wird doch wohl nicht mit elektronischen beats flirten?! 


mein blick wandert zum auto. zwei braungebrannte latinoköpfe äugen zum fenster heraus. der fahrer etwas nach vorne gebeugt, damit er das boppi hinter mir besser sehen und sein zauberhaftestes grinsen aus dem säuberlich rasierten ziegenbärtchen formen kann. die rolexhand winkt und die hand des co-piloten tut es ihr gleich; die drei strahlen sich an. ein letztes mal wird auf das boppi gezeigt, dann wird die ampel grün und der mercedes fährt mit lautem getöse los. schon bald glitzern nur noch die teuren felgen und ein schwarzes, sauber poliertes etwas flitzt davon...


ich bin nicht besonders stolz darauf, wenn mein kind angequatscht, angegrabscht oder mit güetzi überhäuft wird. es rührt mich aber ganz besonders, wenn zwei junge, durchgestylte typen im fetten auto sich eine rote-ampel-länge zeit nehmen, meinem kind die warterei zu versüssen. die grimassen, bei denen ihnen fast die sonnenbrille vom kopf auf die nase gerutscht wäre (wo sie ja eigentlich auch hingehört), schienen wirklich echt.


und ich denke über vorurteile nach.

Sonntag, 7. August 2011

mein sommer 2011

alle beschweren sich über schlechtes wetter. mein sommer war bisher...
  • erfrischend (ja!): weil es nichts besseres gibt, als sich nach einer sonnigen fahrradtour auf dem land in der aare treiben zu lassen. (weniger erfrischend war die vermeintliche hunderettungsaktion und die gelungene herzinfarktprävention der dazugehörenden hundebesitzerin.)
  • süss: immer wieder hochgelobt, soll sie auch hier ihren platz bekommen, die gelateria di berna (http://www.gelateriadiberna.ch/) - am gemütlichsten mit M und ohne kind! besonders empfehlenswert: mango, schokolade, pistache
  • häuslich: was kommt nach beruf, beziehung, kind? eben.
  • belesen: mein kind wird älter und damit auch die gelegenheiten! zur zeit peter stamm, "seerücken".
  • planend: ein (schreib-)projekt nähert sich - mit ihm auch eine zahl.
  • kinderfreundlich: in diesem sommer fand ich es ausserordentlich wunderbar, mit einem kind unterwegs zu sein! 
  • vorfeudig: mad men ab 15. august im schweizer fernsehen! wie werden sofatreue schweizerinnen und schweizer darauf reagieren? 
  • stolz: M hat eine 6 tägige wanderung gemacht; sie folgte der kantonsgrenze bern/luzern und endete auf dem brienzer rothorn. applaus!
und übrigens: bei schlechtem wetter kann man ins museum oder kino gehen, leute besuchen, den ganzen morgen im pyjama bleiben und lesen, spiele spielen, in die ikea fahren, filme schauen, aufwendig kochen, aufräumen, draussen in pfützen hüpfen! so what?

die arroganz der mütter

liebe bettina weber


in anderen texten haben sie mich schon unglaublich genervt. aber in diesem hier werfen sie doch ganz interessante fragen auf...
http://blog.derbund.ch/mamablog/index.php/18397/best-of-mamablog-die-arroganz-der-mutter/

Dienstag, 31. Mai 2011

die spinne ("maman" von louise bourgeois (1911-2010))

nachdem sich bernerinnen und berner mit ihren dates seit jahren beim loebegge getroffen hatten, ist dies nun aus der mode gekommen.

so schnell gehts, liebe frau loeb, und schon reichen die aufwendigen schaufenster ("jöööö!! chüngeli!") nicht mehr, um dem sbb-treffpunkt mitten im (kühlen) bahnhof den ersten rang streitig zu machen.

dazu muss vielleicht noch erwähnt werden, dass sich die meisten bernerinnen und berner sowieso nicht beim loebegge treffen. das tun sie nur mit von-auswärts-kommenden, agglomenschen, oder verwandten, die sich mal in die stadt trauen.
routinierte bernerinnen und berner vereinbaren andere orte als treffpunkt; orte, an denen man nicht inmitten von umhereilenden pendlermenschen und sich-treffenden-freundinnen verschiedensten alters rumsteht und sein date vor lauter wortwechseln nicht mehr sieht.

"halloooo - wie gehts?" - "suuuper! bin ich zu spät?" - "neinnein, kein problem! ich habe mir in den 10 minuten, in denen ich hier rumstand, überlegt, dass wir als erstes in den loeb könnten. ich brauche einige dinge und im loeb findet man gerade alles unter einem dach!" - "suuuper, ich komme gerne mit!"
ja, frau loeb, tolle geschäftsidee, so einen loebegge zu haben!

und nun läuft ihnen ausgerechnet eine spinne den rang ab. es gibt keinen besseren ort, um sich zu treffen, als bei dieser spinne!
sie steht in riesiger eleganz auf dem bundesplatz. in ihrer ganzen grösse wirkt sie zutraulich. sobald man aus einer der umliegenden gassen kommt, sieht man sie. verarbredet man sich bei einem ihrer beine, kann man sich kaum verfehlen (ausser, man ist sich bei deren nummerierung nicht einig). beim warten auf den anderen kann man ein wirklich grossartiges kunstwerk bewundern. beim treffen mit dem anderen hat man sofort ein gesprächsthema.

ich finde es grossartig, dass kunst in den strassen berns seinen platz findet. am letzten samstag verweilte ich bei der spinne, um mir die reaktionen der menschen anzusehen und anzuhören. es gab keinen, der an der spinne achtlos vorbeiging. sie provozierte reaktionen aller art, war bewegend, überraschend, irritierend, nahm raum ein.
eine frau mit kleinkind an der hand sprach in ihr handy: "ich bin bei der spinne! du weisst schon... ja genau! in 5 minuten hier, gut, bis dann!"

schade, wird "maman" am 7. juni wieder abgebaut. den loebegge wirds freuen.


p.s. fotos der aufstellarbeiten und ein paar informationen unter:
http://www.derbund.ch/bern/Die-monumentale-Spinne-steht/story/25728728

Montag, 30. Mai 2011

bärner märit

als kind gehörte es zu den highlights jeder ferien im ausland, auf den dortigen markt zu gehen.

als erwachsene ist der markt (sprich: märit) mein lieblingseinkaufsort geworden.
der einkauf auf dem märit vereinigt für mich feriengefühl, gesundheitsbewusstsein und bestes einkaufserlebnis. in aller regel werde ich zudem bestens unterhalten!

beispielsweise so:
ein früchtestand, es wimmelt von erdbeeren. endlich hat das warten auf die richtigen schweizer erdbeeren ein ende! das bereits gekaufte gemüse stelle ich auf den boden und schaue mich nach einem schönen körbli um (paradox! denn im gegensatz zu jenen in migros und coop sind diese erdbeeren hier allesamt reif, süss und umwerfend).
ein älteres paar gesellt sich zu mir. sie, bemüht nett: "schaust du dich dort drüben nach einem schönen köbli um?" er, zögernd: "hm." ich grinse vor mich hin (insbesondere deshalb, weil jede einzelne erdbeere vor uns strahlt und es einfach nichts, gar nichts auszulesen gibt). sie (zu mir): "tja, man muss sie einspannen!" ich, annehmend, dass sie die männer im allgemeinen und den ihren - erdbeeren beobachtend - im besonderen meint, antworte: "oh, exgüsé! ich habe eigentlich nicht deswegen gelacht!" er - unter druck, da er noch nicht das schönste gefunden hat (wie auch?) - sagt vorsichtig: "schaust du bei dir drüben?" und sie: "nein, nein! du liest aus, ich bezahle!" ich bin erleichtert, als sie in mein lachen einsteigt und also der ganze druck des erdbeeren-auslesens nur ironischerweise auf den schultern ihres mannes lastet. er, in jämmerlichem tonfall, aber jetzt auch schüchtern grinsend: "da sehen sie, unter welcher anspannung ich erdbeeren auslesen muss! das kann ja gar nicht gut kommen!"
ich bezahle meine nicht-ausgelesenen erdbeeren und die beiden tun dies einige augenblicke später auch. als ich vom stand wegschlendere beisse ich in eine erdbeere und bin entzückt.

biogemüse. frischestes frisch.
schweizer früchte, oft aus der region.
brot von meinem liebingsbäcker, an einem marktstand mit einem jungen mann, der oft langsam bedient und falsch rechnet.
käse... degustation inbegriffen. einen reifen gruyère, bitte.
blumen. frische, wilde schnittblumen. viele verschiedene kräuter, einige, von denen ich noch nie gehört habe. balkonpflanzen... und beratung dazu!
unterhaltung, nette begegnungen. zeit.

der bärner märit ist zu meiner lieblingsbeschäftigung am samstagmorgen geworden. wenn möglich an jedem samstag, nicht nur in den ferien.

p.s. der bärner märit im internet: http://www.bernerwochenmarkt.ch/index.html

Montag, 9. Mai 2011

sandkastenliebe

unser käfer ...äh boppi... ist nun definitiv im sandkastenalter angelangt.

es stellen sich dabei neue fragen:

- muss ich mit anderen müttern sprechen, während mein kind mit ihren kindern im selben öffentlichen sandkasten spielt?
- auch wenn sie mir unsympathisch sind?
(naja, die zweite frage entsteht hier durch mein höflichkeitsgefühl während den übelegungen zur ersten frage. nicht, dass deren antwort für mich eindeutig wäre...)
- darf mein kind fremdes spielzeug brauchen?
- muss ich dies jeweils anstelle meines kindes fragen, weil ihm seine sprachentwicklung dies nicht ermöglicht?
- müsste ich auch dann fragen, wenn die sprachentwicklung nicht im wege stünde?
- wen muss ich fragen: das kind, dem das spielzeug gekauft wurde oder die person, die das plastikteil gekauft und verschenkt hat?
- in wievielen prozent aller augenblicke während des sandkastenaufenthalts muss ich mein kind in seinen sinneserfahrungen und seinen motorischen fähigkeiten fördern?
- darf ich eine zeitung dabei haben?
- darf ich zwischendurch auf die überschriften der zeitungsartikeln schielen, diese entziffern und mir dann den inhalt des artikels während der beobachtung meines kleinkindes zusammenreimen?
- darf ich über gelangweilte väter lachen?
- in welchem alter muss mein kind eine sandburg bauen können, damit es als normal gilt?
- wieviele katzen und füchse und marder und mäuse haben sich jemals im sandkasten versäubert?
(schlechte frage. schliesslich wird der sandkasten pflichtbewusst zugedeckt. immer.)
- was ist das wahre geheimnis des sandelens?

das boppi kommt nun vom mittagsschlaf. ich freue mich, mit ihm zum sandkasten am waldrand zu spazieren und ihn dort glücklich im sand buddeln zu sehen. ich werde im halbschatten den unglaublich sommerlichen nachmittag geniessen. vielleicht treffe ich die nette junge mutter aus meinem quartier. wenn nicht, schaue ich, was die anderen kinder so draufhaben. oder lausche den vögeln im wald.
die heutige zeitung habe ich bereits gelesen.

p.s. matto kämpf, der mich zum lachen, staunen und denken bringt, hat sich ebenfalls dem sandkastenthema gewidmet - unbedingt lesen!: http://blog.derbund.ch/mamablog/index.php/16185/die-sandkasten-files/